Nach dem Studienabschluss gibt es für Absolventen drei Möglichkeiten: Ein Gap Year einzulegen, ins Berufsleben zu starten – oder zu promovieren. Rund sechs Prozent der Absolventen wagen den letzten Schritt und stellen sich einer mehrere Jahre andauernden Herausforderung, nämlich dem Schreiben einer Dissertation sowie ihrer Verteidigung und Veröffentlichung. Doch welche Voraussetzungen müssen Hochschulabsolventen überhaupt erfüllen, um zu promovieren? Dieser Artikel erläutert nicht nur die fachlichen Voraussetzungen, sondern beleuchtet auch, welche persönlichen Charakterzüge zum Promovieren hilfreich sind.
Welche fachlichen Voraussetzungen gibt es?
Eine Doktorarbeit ist keine Bachelorarbeit oder Masterarbeit mehr, die fester Bestandteil des Studiums ist. Wer promovieren will, tut dies „on top“ nach seiner Hochschulausbildung. Deshalb darf nur promovieren, wer auch die fachlichen Voraussetzungen dafür erfüllt. Einige davon sind deutschlandweit gleich, einige von Hochschule zu Hochschule unterschiedlich. Diese Unterschiede können Doktoranden immer der Prüfungs- oder Promotionsordnung entnehmen.
Abgeschlossenes Hochschulstudium
In der Regel erfüllt man mit einem abgeschlossenen Hochschulstudium, also einem Master, Magister oder Diplom, schon die wichtigste Voraussetzung zum Promovieren. Obwohl nicht jeder Abschluss der Fahrschein für den Master ist. Oft wird nämlich ein überdurchschnittlich guter Abschluss gefordert – das bedeutet eine 2,5 oder besser. Der erforderliche Notenschnitt für die jeweilige Hochschule ist der Promotionsordnung zu entnehmen. Zudem muss die Promotion themenmäßig zum abgeschlossenen Studium passen oder daran anknüpfen (vgl. Infos des Hochschulkompass).
Weitere fachliche Voraussetzungen
Manchmal sind außerdem besondere Vorkenntnisse oder Sprachkenntnisse gefordert. Diese Anforderungen sind der Promotionsordnung zu entnehmen, die von Hochschule zu Hochschule ganz unterschiedlich sein können (vgl. Artikel aus der Süddeutschen Zeitung). Sind die ersten Voraussetzungen erfüllt, gilt es einen Doktorvater zu finden, der sich bereit erklärt die Dissertation zu betreuen, denn an den meisten Universitäten ist eine Zulassung zur Promotion nur mit einer Betreuungszusage möglich. Außerdem ist der Doktorvater Motivator und Berater beim Schreiben der Dissertation.
Welche persönlichen Voraussetzungen gibt es?
Neben den fachlichen Voraussetzungen, die rein formal erfüllt werden müssen, gibt es jedoch auch eine Reihe von Charaktereigenschaften, die das Promovieren leichter machen. Wer keine dieser Eigenschaften zu seinen Stärken zählen kann, wird mit der Promotion eventuell eine schwere Zeit haben.
Interesse am wissenschaftlichen Arbeiten
Dies ist gleich sehr grundlegend. Denn eine Dissertation ist keine ausführliche Bachelorarbeit oder Masterarbeit. Sie muss neue Forschungsergebnisse ans Licht bringen. Das bedeutet, ein Doktorand forscht eigenständig im Bereich seiner Dissertation – und zwar zwischen drei und fünf Jahre lang – um am Ende einen Beitrag zur Wissenschaft zu leisten. Dafür ist nicht nur echtes Interesse an der Forschungsfrage notwendig, sondern auch eine Begeisterung für wissenschaftliche Arbeitsweisen, die sehr speziell in ihrer Art sind.
Fähigkeit alleine zu arbeiten
Doktoranden müssen sich die meiste Zeit über als Einzelkämpfer durchschlagen – alleine Zuhause am Schreibtisch oder in der Bibliothek der Hochschule beim Schreiben und Recherchieren (Knigge-Illner, 2015:27). Vor allem, wer nicht auf einer Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter oder in einem Graduiertenkolleg promoviert, ist schließlich fast ganz auf sich alleine gestellt. Und selbst wer Arbeitskollegen hat, wird mit diesen dann vermutlich eher selten über die Dissertation diskutieren. Für Menschen, die gerne in Gruppen arbeiten, kann das sehr belastend sein. Um der Isolation zu entgehen, können Promovierende sich frühzeitig um Kontaktaufnahme mit anderen Doktoranden oder um die Teilnahme an Doktorandenforen kümmern.
Disziplin und Durchhaltevermögen
Eine Promotion läuft über einen langen Zeitraum. Mehrere Jahre lang an einem Projekt zu arbeiten, erfordert ein großes Durchhaltevermögen. Vor allem, da es bei einer so langen Arbeitszeit sicherlich zu Frust und Durststrecken kommen wird, während derer der Promovierende es schaffen muss, trotzdem weiter an der Dissertation zu arbeiten und nicht alles hinzuschmeißen. Ein wichtiger „Frustpuffer“ in solchen Situationen ist ein intaktes soziales Netzwerk und ein stabiler Freundeskreis (Schaaf, 2006:84). Auch Freizeitaktivitäten wie Sport können helfen, die Frustration anschließend loszuwerden und mit neuer Energie weiterzumachen.
Fähigkeit zum Zeitmanagement
Um Sozialleben, Dissertation und Freizeitaktivitäten unter einen Hut zu bringen, ist ein gutes Zeitmanagement unumgänglich. Das heißt, dass man über die Disziplin verfügen muss, Ziele zu definieren, sich Prioritäten zu setzen und Teilaufgaben zuzuteilen und zu erfüllen (Wergen, 2015:148). Und zwar schon in der allerersten Phase der Promotion. Am besten sind zweierlei Arbeitspläne: Ein allgemeiner Plan mit groben Meilensteinen und ein Wochenplan (Knigge-Illner, 2015:138). Die Kür ist es dann, sich auch an diese Arbeitspläne zu halten, sonst wird der Erfolg der Promotion ernsthaft gefährdet.
Finanzielles Zurückstecken
Anstatt wie ehemalige Studienkollegen schon ein gutes Einkommen zu erzielen und in der Berufswelt Fuß zu fassen, sind Doktoranden mit dem Verfassen ihrer Dissertation beschäftigt und müssen dabei nicht nur zeittechnisch, sondern auch finanziell mit Abstrichen rechnen. Denn die Finanzierungsmöglichkeiten wie Stellen als wissenschaftlicher Mitarbeiter, Graduiertenkollegs oder auch Promotionsstipendien sind wesentlich niedriger bezahlt als das, was Berufsanfänger mit einem Masterabschluss oder Staatsexamen verdienen.
Eine Promotion ist also nicht nur eine Möglichkeit, die spätere Karriere zu pushen, sondern auch tatsächlich ein Projekt, an das man mit sehr viel Herzblut herangehen sollte. Natürlich können sich aber auch Menschen mit schlechtem Zeitmanagement Unterstützung von einem Coach holen. Oder Menschen, die schlecht alleine arbeiten können, suchen sich eine Stelle am Fachbereich statt alleine zu arbeiten. Alles in allem jedoch sollten Promovierende einen Großteil der genannten Voraussetzungen – vor allem persönlicher Art – erfüllen, um die Promotion erfolgreich anzugehen und abzuschließen.
Literatur
Knigge-Illner, Helga (2015): Der Weg zum Doktortitel: Strategien für die erfolgreiche Promotion, 3. Auflage, Frankfurt.
Schaaf, Christian P. (2006): Mit Vollgas zum Doktor: Promotion für Mediziner, Heidelberg.
Wergen, Jutta (2015): Promotionsplanung und Exposee: Die ersten Schritte auf dem Weg zur Dissertation, Opladen.
Weiterführende Literatur
Hell, Silke (2017): Soll ich promovieren?: Voraussetzungen, Chancen und Strategien, München.
Messing, Barbara/Huber, Klaus-Peter (2004): Die Doktorarbeit: Vom Start zum Ziel: Lei(d)tfaden für Promotionswillige, 3. Auflage, Berlin.
Brockmann, Dieter/Kühl, Michael (2015): Mit Erfolg promovieren in den Life Sciences, Stuttgart.
Weiß, Christel/Bauer, Axel (2008): Promotionsplanung und Exposee: Die ersten Schritte auf dem Weg zur Dissertation, 3. Auflage, Stuttgart.