- Was sind wissenschaftliche Quellen – und was nicht?
- Das Schneeballsystem und seine Nachteile
- Die systematische Recherche für die Dissertation
- Wo bekomme ich die Literatur für die Dissertation her?
- Literatur
Beim Dissertation Schreiben und dem Bibliographieren der Unmengen von Literatur, die bei einer Dissertation gefunden und bearbeitet werden muss, dürfte für jeden Doktoranden eine besondere Herausforderung darstellen. Umso wichtiger ist es, vor Beginn der eigentlichen Arbeit nicht nur eine umfangreiche, sondern auch eine intelligente Literaturrecherche durchzuführen.
Aber welche Methoden der Literaturrecherche gibt es überhaupt? Was sind eigentlich wissenschaftliche Quellen – und was nicht? Woher bekomme ich die benötigte Literatur und was sind die jeweiligen Vor- und Nachteile der einzelnen Recherchemethoden? Mit diesen Fragen beschäftigt sich der vorliegende Beitrag, in der Hoffnung, für angehende Doktoranden hilfreich zu sein.
Was sind wissenschaftliche Quellen – und was nicht?
Um mit der zweiten Frage zu beginnen: Als wissenschaftliche Quellen gelten nur solche, die die vor ihrer Veröffentlichung einen strengen Prozess der Begutachtung durchlaufen haben und von Fachleuten kritisch geprüft worden sind.
Hierzu zählen neben Fachbüchern, Monographien und Sammelbänden, vor allem Artikel aus wissenschaftlichen Fachzeitschriften, Zeitungen und Journalen, aber auch wissenschaftliche Arbeiten, die von anderen Autoren zum betreffenden Fachgebiet bereits veröffentlicht worden sind, wie beispielsweise Dissertations- oder Habilitationsschriften. Diese haben dann auch ein Lektorat einer Dissertation oder Habilitationsschrift in Anspruch genommen und sind wissenschaftlich nutzbar.
Vorsicht sollte man dagegen bei der Recherche im Internet walten lassen. Zwar bieten die Ergebnisse der Suchmaschinen einen ersten Überblick über die Thematik, jedoch keinesfalls eine Garantie auf inhaltliche Korrektheit, da heutzutage jedermann Beiträge ins Netz stellen und dabei fehlerhafte oder irreführende Angaben machen kann. Quellen, wie zum Beispiel Wikipedia, gelten aus diesem Grund als unwissenschaftlich und sind mit äußerster Vorsicht zu genießen.
Das Schneeballsystem und seine Nachteile
Nachdem nun geklärt ist, welche Quellen als wissenschaftlich gelten und welche nicht, stellt sich die Frage, mit welchen Methoden der Literaturrecherche man am besten vorgeht.
Im Idealfall liegt einem bereits ein wissenschaftlicher Text, zum Beispiel ein einschlägiges Fachbuch oder ein Zeitschriftenartikel, vor. Ist dies nicht der Fall, könnte man seinen Betreuer darauf ansprechen. Beim Durcharbeiten des Literaturverzeichnisses stößt man schnell auf weiterführende Literatur, auf die sich der empfohlene Autor bezogen hat. Wurde aus einem Werk häufiger zitiert, handelt es sich wahrscheinlich um ein Standardwerk, das man auf jeden Fall kennen sollte.
Dessen Ergebnisse sollte man jedoch nicht einfach als gegeben hinnehmen, sondern diese kritisch hinterfragen. Arbeitet man nun auch hier die Quellen und Fußnoten durch, so erhält man nach Lück und Henke (2009) wiederum interessante Literaturverweise oder aber auch Ideen für neue Schlagwörter, die den Blickwinkel der Recherche erweitern. Dieses Prinzip nennt sich „Schneeballsystem“ und bietet sich besonders für den Fall an, dass man bereits über einen Ausgangspunkt für ein Thema verfügt, zum Beispiel ein Fachbuch.
Es liegt es aber in der Natur der Sache (Preißner et al. 2001), dass die gefundene Literatur immer älteren Datums ist, als der Ausgangstext und somit notwendigerweise immer älter wird. Des Weiteren besteht bei dieser Methode der Literaturrecherche die Gefahr, dass man sich in einem sogenannten „Zitierkreis“ wiederfindet. Ein solcher ist entstanden, wenn sich Forscher mit gleichen Anschauungen gegenseitig zitieren. Will man aber nicht nur eine Meinungen lesen, sondern sich ein vollständiges Bild zu einer Forschungsfrage machen, sollte man auch vermeintlich abseitige Quellen prüfen.
Zu guter Letzt liegt es auf der Hand, dass bei dieser Methode der Literaturrecherche die Auswahl der Literatur in gewisser Weise zufällig erfolgt und daher lückenhaft sein muss. Dennoch bietet sie eine gute Möglichkeit, sich einen ersten Überblick zu verschaffen.
Die systematische Recherche für die Dissertation
Wie der Name bereits verrät, geht man bei dieser Recherchemethode systematischer vor.
Alles beginnt hier mit einer Ausgangsfragestellung. Diese könnte zum Beispiel im Bereich der Sozialwissenschaften lauten: „Stimmen bei Bundestagswahlen unter 30-Jährige grundsätzlich anders ab, als andere Wählergruppen?“ Es ist wichtig, dass die Fragestellung präzise formuliert ist und eventuell vorhandene Synonyme miteinbezieht. Außerdem sollte die Fragestellung nicht allzu umfangreich sein, da andernfalls die Anzahl der ableitbaren Schlagwörter zu unübersichtlich wird.
Anschließend werden die einschlägigen Suchmaschinen bzw. Datenbanken bemüht.
Anders als die herkömmliche Google-Suche bietet nach Müller, Plieninger und Rapp (2013) deren Beta-Suchmaschine Google Scholar einen guten Ausgangspunkt für die Recherche von wissenschaftlicher Literatur wie Sachbüchern, Fachartikeln oder Konferenzbeiträgen. Das Gleiche gilt für das ISI Web of Knowledge, ein allerdings kostenpflichtiges Angebot mit mehreren Online-Zitations- und Literaturdatenbanken, das durch seine Interdisziplinarität besticht.
Idealerweise sollten allerdings nur solche Datenbanken gewählt werden, deren thematischer Schwerpunkt zur gegebenen Forschungsfrage passt.
Im Falle unserer sozialwissenschaftlichen Fragestellung wäre das zum Beispiel die Datenbank GESIS.
Abb. 1: GESIS – Portal für Sozialwissenschaften
Wie lassen sich die Suchergebnisse filtern bzw. eingrenzen?
Um der gegebenen Forschungsfrage schrittweise immer näherzurücken, lässt sich die Suche mithilfe von Boolschen Operatoren, Platzhaltern, Wildcards, Trunkierungen oder der Phrasensuche filtern. Die wichtigsten Operatoren dürften UND, OR, NOT und BEI sein. Verknüpft man zum Beispiel die Suchbegriffe „Bundestagswahl“ und „Unter 30-Jährige“ mit dem Boolschen Operanden UND, erscheinen in der Ergebnisliste alle Dokumente, die sowohl den Begriff „Bundestagswahl“ als auch den Terminus „Unter 30-Jährige“ enthalten. Im Falle einer ODER-Verknüpfung erscheint entweder der eine Begriff oder der andere. Im Falle der Sucheingabe „Bundestagswahl“ NOT „Unter 30-Jährige“ erscheinen ausschließlich Dokumente zum Thema Bundestagswahlen, die allerdings nicht notwendigerweise mit dem Terminus „Unter 30-Jährige“ verknüpft sind (für eine vollständige Auflistung aller Suchoperatoren und deren Bedeutung siehe die Übersicht des Gemeinsamen Bibliotheksverbundes (GBV)).
Ist der zu sichtende Wissensbestand immer noch zu umfangreich, lässt sich die Suche weiter eingrenzen, zum Beispiel nach der Zeit (es sollen nur Dokumente ab einem bestimmten Erscheinungsjahr angezeigt werden) oder nach dem Medium (nur Dissertationen, Fachartikel oder Sachbücher anzeigen).
Selbstverständlich lässt sich auch in diesem Stadium die systematische Recherche mit dem oben geschilderten Schneeballsystem kombinieren. Hierzu forstet man die Quellenverzeichnisse der angezeigten Titel durch und untersucht diese auf vielversprechende weiterführende Literatur.
Dokumentation und Verwaltung der Rechercheergebnisse
Bei alledem sollte man jedoch nicht den Überblick verlieren, andernfalls dürfte das spätere Bibliographieren der Dissertation schwierig werden. Deshalb ist es notwendig, nicht nur die zu sichtende Literatur sinnvoll zu ordnen, sondern auch die Suche selbst zu dokumentieren.
Während der Recherche bieten sich hierfür Favoritenordner oder Exceltabellen an, die mit den Eigenschaften relevant, möglicherweise relevant und irrelevant gelabelt werden.
Ist man schließlich fündig geworden, gehört zum systematischen Bibliographieren für die Dissertation in jedem Fall der Name der Datenbank und das Zugriffsdatum. Um die Suche noch transparenter zu dokumentieren, gehören außerdem die Angabe der genutzten Schlagwörter, die eingesetzten Filter, die insgesamt erhaltenen Suchergebnisse und die Auswahlkriterien dazu; bei Print-Produkten selbstverständig der Autor, das Erscheinungsjahr, die Auflage und der Verlag.
Vorteile der systematischen Suche
Die Vorteile der systematischen Suche liegen auf der Hand. Sie bietet sich an, wenn man kein Ausganswerk zur Verfügung hat, von dem aus man das Schneeballprinzip anwenden könnte.
Die erhaltenen Daten sind aktuell und repräsentieren den gegenwärtigen Stand der Forschung. Darüber hinaus steht es einem jederzeit frei, die systematische Suche mit der Schneeballsuche zu kombinieren, um weiterführende Ergebnisse zu erhalten.
Des Weiteren ist die erhaltene Literaturauswahl nicht willkürlich zustande gekommen, sondern man hat den zur Verfügung stehenden Wissensbestand bei dieser Methode der Literaturrecherche systematisch eruiert. Sie eignet sich somit auch bestens zum Bibliographieren für eine Dissertation.
Wo bekomme ich die Literatur für die Dissertation her?
Um schließlich in den physischen Besitz der erwählten Literatur zu gelangen steht dem Doktoranden das Katalog-Portal der heimischen Universität zur Verfügung.
Viele Universitäten führen daneben auch Zeitschriften-Portale, bei denen man auch bei Fachartikeln älteren Datums fündig wird. Darüber verfügen viele Universitäten über elektronische Zeitschriftenportale, die, nach der Eingabe eines Stichwortes, diesem zugeordnete Titel anzeigen.
Sollte ein Titel einmal nicht vorrätig sein, bietet sich immer noch die Fernleihe an.
Und ist man bereit ein paar Euros zu investieren, kann man zusätzlich auf die Dienste des Lieferdienstes Subito zurückgreifen. Er liefert Zeitschriften, Aufsätze, aber auch Teilkopien aus Büchern direkt nach Hause.
Eine umfangreiche Literaturrecherche bildet die unerlässliche Basis für jedes wissenschaftliche Werk. Dabei ist es egal ob es sich um eine Masterthesis, eine Bachelorarbeit oder um das Bibliographieren einer Dissertation handelt.
Aus diesem Grund ist es notwendig, über die gängigen Methoden der Literaturrecherche im Bilde zu sein. Sie wurden deshalb in diesem Artikel dargestellt. Diese Methoden ermöglichen es dem Studierenden oder Doktoranden, den vorhandenen Wissensbestand im Hinblick auf die Forschungsfrage bzw. dem Thema der Dissertation zu sichten und für die eigenen Zwecke auszuwerten.
Wendet man die gegebenen Hinweise an, vermeidet man, sich im Dickicht der Informationen zu verlieren.
Literatur
Müller, Ragnar/Plieninger, Jürgen/Rapp, Christian (2013): Recherche 2.0 – Finden und Weiterverarbeiten in Studium und Beruf, Wiesbaden.
Lück, Wolfgang/Henke, Michale (2009): Technik des wissenschaftlichen Arbeitens, 10. überarbeitete und erweiterte Auflage, München.
Preißner, Andreas et al. (2001): Promotionsratgeber, 4. völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, München.