- Was ist eine Hypothese?
- Hypothesen für die Dissertation formulieren
- Zusammenfassung und Tipps
- Literatur
Wer eine empirische Dissertation schreibt, sollte dazu Hypothesen formulieren. Sie helfen nicht nur, den Blick auf das Wesentliche zu lenken. Mit Hypothesen lässt sich eine Forschungsfrage oft auch viel leichter beantworten. In diesem Artikel erklären wir, was eine Hypothese ist und welche verschiedenen Formen es gibt. Ihr erfahrt außerdem, was man beim Aufstellen von Hypothesen beachten muss und wie man sie am besten formuliert.
Was ist eine Hypothese?
Wissenschaftliche Hypothesen sind Behauptungen über die Realität. Sie werden abgeleitet durch Beobachtungen, Überlegungen oder wissenschaftlichen Theorien und vor Beginn einer Studie aufgestellt. Sie dienen dazu, eine übergeordnete Forschungsfrage zu beantworten. Diese könnte beispielsweise lauten: „Welche Auswirkungen hat die Bildung einer Person auf ihre Ernährung?“
Passende Forschungshypothesen dazu wären:
- Es gibt einen Zusammenhang zwischen der Bildung einer Person und ihrer Ernährung.
- Wenn eine Person sehr gebildet ist, dann ist ihre Ernährung gesund.
- Je niedriger der Bildungsstand einer Person ist, desto ungesünder ist ihre Ernährung.
An diesem Beispiel sieht man bereits, dass es verschiedene Arten gibt. Die erste ist eine sogenannte ungerichtete Hypothese, die nur einen Zusammenhang beschreibt. Sie ist hinsichtlich unserer Forschungsfrage nicht sehr nützlich. Die anderen beiden sind gerichtet. Sie beinhalten neben dem Zusammenhang auch eine Bedingung (Wenn-Dann) bzw. Richtung (Je-Desto). Somit sind diese aussagekräftiger. Das sollte man beim Formulieren unbedingt beachten!
Kommt in der Aussage hingegen gar kein Zusammenhang zwischen zwei Dingen vor, handelt es sich um eine These. Eine These stellt lediglich einen einfachen, eindimensionalen Sachverhalt dar (siehe dazu weitere Hinweise der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt). Auf unser Beispiel bezogen könnte sie lauten: „Es gibt verschiedene Bildungsniveaus.“ Es ist deutlich, dass hier weder ein Zusammenhang noch eine Ursache oder Wirkung dargestellt werden.
Neben wissenschaftlichen Forschungshypothesen gibt es noch operationale und statistische Hypothesen. Diese werden aus der Forschungshypothese abgeleitet. Sie bestimmen, mit welchen Methoden und statistischen Kennzahlen sie geprüft werden soll. Diese beiden Formen sind dementsprechend nur für die quantitative Forschung relevant (vgl. Albers et al., 2009, S. 9).
Hypothesen für die Dissertation formulieren
Außer der Regel, dass Hypothesen einen Zusammenhang aufzeigen müssen, gibt es noch mehr zu beachten. Mehrere Hypothesen müssen beispielsweise alle einen erkennbaren Bezug zum Forschungsgegenstand haben. Für Außenstehende müssen sie nachvollziehbar sein. Das heißt, es dürfen keine Spekulationen oder falsche Grundannahmen hinter den Aussagen stecken.
Es ist daher wichtig, sich vorher gründlich mit relevanten theoretischen Hintergründen zu befassen. Einerseits, um auszuschließen, dass eine ähnliche Untersuchung bereits durchgeführt wurde. Andererseits kann man seine Annahmen dann viel leichter gegen mögliche Kritik verteidigen. Natürlich dürfen sich die einzelnen Hypothesen auch nicht logisch ausschließen oder widersprechen. Sie müssen zudem grundsätzlich wiederlegbar sein. Das heißt, man muss auch das Gegenteil der Aussage behaupten können (siehe weitere Hinweise der Technischen Universität Dresden).
Beim Hypothesen Formulieren sollte man auch darauf achten, prägnant zu sein. Das bedeutet zum einen, die Sätze kurz zu halten. Zum anderen sollten möglichst viele Aspekte enthalten sein, die die Hypothese beschränken. Mit gerichteten Hypothesen kann man beispielsweise zeitliche, örtliche oder personenbezogene Bedingungen formulieren. Das macht die Aussage inhaltlich viel konkreter. Wichtig ist auch, dass eine Hypothese keine persönliche Meinung oder Wertung enthalten darf. Ebenso wenig darf sie Ergebnisse der Forschung vorweg nehmen.
H3 Anwendungsbereiche
In der qualitativen Forschung nutzt man Hypothesen meist, um von Einzelfällen auf die Allgemeinheit schließen zu können. Man beobachtet beispielsweise Schwäne in Berlin, Köln und München und stellt fest, dass sie alle weiß sind. Daraufhin formuliert man die Hypothese: „Alle Schwäne in Deutschland sind weiß.“ Diese Schlussfolgerung vom Besonderen zum Allgemeinen nennt man induktiv.
Quantitative Forscher hingegen wollen Hypothesen formulieren, die von der Allgemeinheit auf Einzelfälle schließen. Ihre Beobachtung der weißen Schwäne könnte dann zu folgender Hypothese führen: „Ein Schwan in Erfurt ist weiß.“ Dies wäre eine deduktive Vorgehensweise (vgl. Raithel, 2012, S. 12f.).
Für beide Formen von Hypothesen gilt: Es sind zunächst nur wissenschaftliche Behauptungen, deren Richtigkeit erst bewiesen werden muss. Dazu eignet sich dann je nach Forschungsfrage meistens eine Methode besser als die andere.
Einbindung in eine Dissertation
Da man Hypothesen zu Beginn einer Studie aufstellt, sollte man sie auch in der Einleitung der Dissertation nennen. Die Hypothesen stellen zusammen mit der Forschungsfrage den Ausgangspunkt dar. Es reicht jedoch nicht, die Hypothesen nur aufzuschreiben. Man muss darüber hinaus auch deren Relevanz begründen. Das heißt, man sollte erläutern, durch welche Beobachtungen oder theoretischen Überlegungen man zu den Hypothesen gekommen ist.
Zudem sollte man angeben, warum man denkt, dass sie gut geeignet sind, um die Forschungsfrage zu beantworten. Am Ende der Arbeit sollte man darauf noch einmal zurückkommen und sein Vorgehen reflektieren. Welche Hypothesen konnten bestätigt, welche widerlegt werden? Welchen Beitrag haben sie zur Beantwortung der Forschungsfrage geleistet? Widerlegte Hypothesen sind übrigens nicht weniger wert als bestätigte. Es sei denn, sie erscheinen von Anfang an abwegig. Grundsätzlich sollte man aber eher misstrauisch sein, wenn sämtliche Hypothesen bestätigt werden. Es legt den Schluss nahe, dass die Ergebnisse trivial sind – oder der Forscher sie schon kannte.
Zusammenfassung und Tipps
Hier nochmal die wichtigsten Punkte, wie man Hypothesen formulieren und auf was man achten sollte:
Hypothesen…
- müssen im Bezug zum Forschungsgegenstand stehen
- sollten kurze, prägnante Sätze sein
- dürfen keine Spekulationen oder falsche Grundannahmen enthalten
- müssen grundsätzlich wiederlegbar sein
- dürfen sich nicht logisch ausschließen oder widersprechen
- sind aussagekräftiger, wenn sie eine Bedingung oder Richtung enthalten (Wenn-Dann, Je-Desto)
- werden je nach Forschungsziel induktiv oder deduktiv formuliert
- dürfen keine persönliche Meinung enthalten oder Forschungsergebnisse vorweg nehmen
- sollten in der Einleitung erläutert und im Schlussteil reflektiert und bestätigt oder widerlegt werden
Hypothesen helfen dem Forscher also, sich auf die wesentlichen Fragen fokussieren. Sie geben dem ganzen Prozess eine Struktur. Zudem erleichtern sie die Entscheidung für eine geeignete empirische Methode. In das Aufstellen von Hypothesen sollte man daher ausreichend Zeit investieren. Je ausführlicher diese Vorarbeit ausfällt, desto leichter ist nachher die Untersuchung an sich.
Literatur
Albers, Sönke/Klapper, Daniel/Konradt, Udo/Walter, Achim/Wolf, Joachim (2009): Methodik der empirischen Forschung, 3. Auflage, Wiesbaden.
Raithel, Jürgen (2012): Quantitative Forschung: Ein Praxiskurs, 2. Auflage, Wiesbaden.
Weiterführende Literatur
Eid, Michael/Gollwitzer, Mario/ Schmitt, Manfred (2017): Statistik und Forschungsmethoden: Lehrbuch, 5. Auflage, Weinheim/Basel.
Hug, Theo/Poscheschnik Gerald (2014): Empirisch forschen, 2. Auflage, Konstanz.
Schnell, Rainer/Hill, Paul B./Esser, Elke (2011): Methoden der empirischen Sozialforschung, 9. Auflage, München.