- Was ist ein Exzerpt?
- Worauf sollte man beim Exzerpieren für die Dissertation achten?
- Wie könnte ein Exzerpt für die Dissertation aussehen?
- Literatur
Am Anfang sieht alles wie ein undurchdringlicher Dschungel an Informationen aus. Ein Wust an Quellen, Literatur, Zeitschriftenartikeln, wissenschaftlichen Texten und sonstigem Schriftgut, die bei der Recherche angefallen sind. Und alles sieht auf den ersten Blick relevant aus und beinhaltet Aspekte, von denen man sich vorstellen könnte, sie später beim Dissertation Schreiben zu brauchen.
Aber wie soll man sich in diesem Dickicht aus Informationen zurechtfinden?
Welche Aussagen möchte ich verwenden, welche nicht und woher soll ich anfangs wissen, ob ich eine bestimmte Aussage beim späteren wissenschaftlichen Schreiben nutzen möchte, wenn ich noch gar nicht alle möglichweise relevanten Quellen gesichtet habe? Fragen, auf die jeder Doktorand früher oder später eine Antwort finden muss. Die Lösung heißt – das Exzerpt.
Was ist ein Exzerpt?
Zunächst einmal ist wichtig zu verstehen, dass ein Exzerpt ein privater Text ist. Das heißt, dass mit ihm keine bestimmten Formvorschriften verbunden sind, geschweige denn, dass es Dritten gefallen muss wie etwa ein Exposé. Es ist einfach ein Arbeitsmittel, um dem Dickicht der Quellenlage systematisch Herr zu werden wie mit einem Programm zur Literaturverwaltung mit der Menge an Quellen insgesamt. Um allerdings aus einem Exzerpt den maximalen Nutzen zu ziehen, hat sich ein bestimmter Aufbau bewährt, auf den im Laufe dieses Artikels noch näher eingegangen wird. Im Idealfallkann man die Quelle nach dem Exzerpieren aus der Hand legen und braucht fortan nicht mehr mit ihr zu arbeiten (Rost 2008).
Grundsätzlich gesprochen handelt es sich bei einem Exzerpt um die Zusammenstellung der Aussagen eines anderen Textes mit eigenen Worten, die zusätzlich mit individuellen Kommentaren, Ideen oder Verweisen sowie bibliographischen Angaben versehen wird.
Worauf sollte man beim Exzerpieren für die Dissertation achten?
Da es sich bei einem Exzerpt um eine Art Brücke zum finalen Text handelt, sollte man sich beim Exzerpieren nur auf jene Quellen konzentrieren, deren Aussagen für die Beantwortung der Forschungsfrage bzw. der Argumentation der eigenen Thesen essenziell sind (Rost 2008). Manche weniger wichtige Literatur muss vielleicht lediglich zur Kenntnis genommen werden. Bei einem komplexen Werk wie einer Dissertation ist außerdem ihre schiere Anzahl an Literatur zu hoch, um für jedes Mal ein Exzerpt anzufertigen. Deshalb sollte man nur die wirklich wichtige Literatur exzerpieren.
Größten Wert dagegen sollte man auf die Aussagekraft des Exzerpts legen. In der Regel vergeht bei einer Dissertation eine gewisse Zeit, bevor man sich der vormals ausgewerteten Literatur wieder zuwenden kann. Deshalb ist es umso wichtiger, dass das Exzerpt so aussagekräftig ist, dass man es auch nach längerer Abwesenheit noch verstehen kann. Am besten, man bildet vollständig ausformulierte Sätze, aus dem einfachen Grund, damit man den einstmals gefundenen Gedankengang auch später noch in seiner ganzen Tiefe memorieren kann. Stichpunkte oder Schlagwörter reichen beim Exzerpieren also meist nicht aus.
Das wichtigste ist jedoch, dass man alle Zusammenhänge mit eigenen Worten wiedergibt und wichtige, zitierbare Aussagen in Anführungszeichen und mit genauem Verweis versieht. Nur das stellt sicher, dass man zum einen die Aussage der Quelle wirklich verstanden hat (Franck 2011) und man zum anderen später nicht fremde Formulierungen für die eigenen hält. Solche Situationen sind nämlich der häufigste Grund, warum es zu Plagiaten kommen kann, die heutzutage bei jeder Plagiatsprüfung auffallen.
Zusammenfassend gilt der Merksatz: Hat man das Gefühl, man möchte noch einmal in der Quelle nachlesen, war das Exzerpt nicht aussagekräftig genug!
Wie könnte ein Exzerpt für die Dissertation aussehen?
Wie bereits erwähnt wurde, gilt für das Exzerpt absolute Formfreiheit. Es ist ein Arbeitsinstrument für mich selbst und für niemand anderes. Dennoch hat sich ein gewisser Aufbau bewährt, auf dem im Folgenden näher eingegangen wird.
Grundsätzlich besteht ein Exzerpt aus drei Teilen, dem Exzerpt-Kopf, dem Hauptteil und dem Exzerpt-Fuß.
Der Kopf des Exzerptes
Beginnen wir mit dem Exzerpt-Kopf: Hierin empfiehlt es sich, das genaue Datum der Anfertigung des Exzerpts zu vermerken. Naturgemäß vergrößert sich der persönliche Wissensstand, je länger man sich mit dem Forschungsgegenstand befasst. Deshalb ist es sinnvoll, zu wissen, zu welchem Zeitpunkt man über welchen Wissensstand verfügte, um später darauf entweder aufzubauen oder den damaligen Wissensgehalt als veraltet auszusortieren.
Auch wenn man der obigen Empfehlung gefolgt ist und nur maßgebliche Quellen exzerpiert hat, wird es am Ende des Rechercheprozesses doch viele Exzerpte geben. Um vor dem nun anstehenden Schreibprozess auf jeden Fall den Überblick behalten zu können, sollte jedes Exzerpt in dessen Kopf mit einer kurzen und prägnanten Inhaltsangabe ausgestattet sein. Wenige Sätze oder auch nur Stichwörter genügen. Ziel sollte hierbei sein, dass man den Inhalt eines jeden Exzerpts mit einem einzigen Blick auf dessen Kopf erfassen kann.
Zu guter Letzt gehört die aus den oben genannten Gründen empfohlene vollständige Quellenangabe in den Exzerpt-Kopf.
Der Hauptteil
Der Hauptteil bildet den Kern des Exzerpts. Er besteht aus den Paraphrasierungen bzw. Zusammenfassungen der exzerpierten Textabschnitte. Aus den schon geschilderten Gründen sollte man in ganzen Sätzen und mit eigenen Worten formulieren. Denn nur so ist ein wirkliches Verständnis der Quelle gewährleistet (Die Universität Koblenz Landau gibt weitere Hinweise zum Hauptteil des Exzerptes).
Im Falle, dass aus einer Textquelle mehrfach zitiert wird, gehört außerdem die Seitenzahl des jeweiligen Fundortes in den Hauptteil. Jedenfalls dann, wenn man sich das Gefühl ersparen will, sicher zu sein, dass man einen Zusammenhang irgendwo gelesen hat, aber nicht mehr genau weiß, wo.
Schließlich sollte man vermerken, was man mit den exzerpierten Quellen anstellen will. Hier kann man sich selbst ein paar Hinweise geben, seine Meinungen schreiben, resümieren, Zusammenhänge herstellen oder vermerken, an welcher Stelle der Dissertation eine Passage einfließen könnte.
Der Fuß des Exzerptes
Im Exzerpt-Fuß besteht noch einmal die Möglichkeit, das Exzerpt „zu labeln“. Das kann zum Beispiel mit einem individuellen Punktesystem erfolgen oder mit wenigen Worten, die ausdrücken, wie relevant bzw. hilfreich man die Literatur fand.
Ähnlich wie beim Exzerpt-Kopf sollte man sich auch hier möglichst kurzfassen, damit der Inhalt des Labels mit einem Blick erfasst werden kann.
Ein praktisches Beispiel
Ein praktisches Beispiel aus dem Bereich der Geschichtswissenschaften soll verdeutlichen, wie man beim Exzerpieren für eine Dissertation vorgehen kann (für weitere Beispiele und Kopiervorlagen für ein Exzerpt siehe z.B. den Leitfaden für Exzerpte der Universität Bielefeld).
Zum Beispiel könnte man sich ein Standard-Werk eines führenden deutschen Alexander-der-Große-Forschers, Gerhard Wirth, vornehmen und exzerpiert die Passagen, in denen Wirth seine Einschätzung zur Bedeutung Alexanders des Großen auf die Nachwelt abgibt. Das Exzerpt könnte folgendermaßen aussehen:
Exzerpt-Kopf:
Quelle: Gerhard Wirth, Alexander der Große, Reinbeck 1973.
Datum: 30.09.2017
Kerninhalt: politischer Zerfall des Alexander-Reiches; Diadochenkämpfe; vorübergehende Hellenisierung des Orients
Hauptteil:
Seite: 113
Paraphrasierung bzw. Zusammenfassung: Wirth führt aus, dass mit dem Einsetzen der Diadochenkämpfe, Alexanders ursprüngliche Reichsidee de facto obsolet war. Stattdessen setzten die Diadochen zur Absicherung ihrer Macht in den Satrapien auf die Ausbreitung der griechischen Sprache und Kultur sowie auf einen massiven Bevölkerungszuzug aus der griechischen Heimat. Alles Griechische war mit einem Mal chic und wurde zu einem referenziellen Qualitätskriterium. Das eigentlich einheimische orientalische Element verlor allmählich an Bedeutung.
Interpretation: Das klingt für mich so, als ob die griechische Sprache und Kultur in den Jahren nach Alexanders Tod ähnlich bedeutsam waren, wie die französische Sprache und Kultur in Europa seit dem Beginn der Neuzeit.
Prüfen, ob dieser Vergleich einer kritischen Betrachtung standhält.
Exzerpt-Fuß:
Interessante Interpretation; überlegen, ob dieser Teil vielleicht in das Fazit hineinpasst
Verschiedene Darstellungsformen des Exzerpts – das konsekutive und das simultane Exzerpt
Man kann die vier möglichen Elemente des Hauptteils, wie im obigen Beispiel, untereinander anordnen. In diesem Fall spricht man von einem konsekutiven Exzerpt. Zur leichteren Unterscheidbarkeit der Textelemente bietet es sich an, diese graphisch voneinander zu unterscheiden, sei es durch Fettung, Kursivschreibung, Schriftart oder Schriftfarbe.
Wie immer man es individuell gestaltet; das Ziel ist auch hier, dass der Inhalt mit einem Blick erfassbar ist.
Zieht man es vor, die Textelemente des Hauptteils in zwei Spalten nebeneinander anzuordnen, spricht man von einem simultanen Exzerpt.
Welches Modell man bevorzugt, ist Geschmackssache. Wichtig ist nur, dass man versteht, was ein Exzerpt eigentlich ist und welchen Vorteil es bietet.
Im Gegensatz zu einer Zusammenfassung handelt es sich hierbei eben nicht um einen Abstract eines anderen Autors. Hier wird nicht gefragt, was an der Quelle wichtig ist – sondern stattdessen, was an der Quelle für mich wichtig ist. Insofern wird bei einem Exzerpt ausdrücklich die Perspektive des Doktoranden eingenommen. Das ist es, was ein Exzerpt so wertvoll macht.
Literatur
Franck, Norbert/Stary, Joachim (2011): Die Technik des wissenschaftlichen Arbeitens, 16. Auflage, Paderborn.
Rost, Friedrich (2008): Lern- und Arbeitstechniken für das Studium, 5. aktualisierte und überarbeitete Auflage, Wiesbaden.