- Was sind Forschungsfrage und Problemstellung?
- Wie man eine geeignete Forschungsfrage findet
- Kriterien für eine gute Forschungsfrage
- Literatur
Jeder kennt die folgende Situation: Das Studium ist beinahe abgeschlossen und jetzt fehlt nur noch die Dissertation. Viele Promovierende fragen sich nun: Über welches Thema kann man seine Dissertation schreiben? Worauf kommt es an, wenn man eine geeignete Forschungsfrage finden möchte? Und wie sollte man dabei vorgehen? Im folgenden Artikel gibt es Antworten auf diese Fragen.
Was sind Forschungsfrage und Problemstellung?
Zunächst sollte jedem bewusst sein, was eine Forschungsfrage beziehungsweise Problemstellung überhaupt ist. Die Forschungsfrage ist die Frage, auf die man im Rahmen der Dissertation eine Antwort finden soll. Indem man eine solche Frage durch die Ergebnisse seiner eigenen Forschung beantwortet, leistet man seinen Beitrag zur Wissenschaft.
Die Fragestellung, die viele auch als Titel der Dissertation verwenden, nennt man schon in der Einleitung und präzisiert sie dann. Der derzeitige Stand der Forschung wird kurz umrissen, und eigene Hypothesen zur Beantwortung der Frage werden aufgestellt. Im Hauptteil der Arbeit wird Wissen, das zur Beantwortung dieser Frage nötig ist, beschrieben und angewandt. Darauf aufbauend beantwortet man schließlich im Fazit die eingangs gestellte Forschungsfrage. Außerdem wird darauf eingegangen, ob die ursprünglichen Thesen im Hinblick auf die Fragestellung bestätigt wurden oder verworfen werden sollten.
Die Forschungsfrage ist also der rote Faden, der dem Text seine Struktur vorgibt. Beim Schreiben kann man sich daran orientieren.
Wie man eine geeignete Forschungsfrage findet
Wie sollte man nun vorgehen, um eine brauchbare Forschungsfrage zu finden? Bei der Suche nach einer geeigneten Problemstellung sollten mehrere Aspekte beachtet werden.
Ein spannendes Thema
Ist das Thema spannend genug, um sich drei bis sechs Jahre motiviert und mit Freude damit auseinanderzusetzen? Oder geht das Interesse zu schnell verloren, sodass es im Lauf der Zeit zu einer Geduldprobe wird, daran zu arbeiten (vgl. Kornmeier, 2008, S. 49)?
Drei bis sechs Jahre sind eine lange Zeit, besonders, wenn man sich dabei intensiv mit einem einzigen Thema beschäftigt. Nicht selten geschieht es, dass Studierende anfangs hochmotiviert mit dem Schreiben beginnen und dann die Lust verlieren. Damit das nicht passiert, sollte man ernsthaft überlegen, ob man sich mit dem ausgesuchten Thema anfreunden kann. Wenn schon der Gedanke an das Thema Bauchschmerzen verursacht, ist es nicht das Richtige.
Besser ist es, sich für ein Thema zu entscheiden, das man schon im Studium interessant fand. Gab es in den Seminaren und Vorlesungen Themen, über die man gern mehr erfahren hätte? Kommt das Thema der Masterarbeit vielleicht in Frage? Welche Themen liegen einem besonders am Herzen? Wenn dazu eine Forschungsfrage gewählt wird, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass man dranbleibt.
Ein Thema, das die Jobchancen steigert
Erhöht die gewählte Fragestellung die Chancen, erfolgreich in den Beruf einzusteigen (vgl. Kornmeier, 2008, S. 50)? Idealerweise sollte ein Thema ausgewählt werden, das Bezug zu dem eigenen Wunschberuf, der Branche oder der Firma hat, in der man später einmal arbeiten möchte. Wenn beispielsweise ein Maschinenbau-Student im Bereich der Luftfahrt arbeiten möchte, sollte er ein entsprechendes Thema für seine Dissertation aussuchen. Das könnte zum Beispiel die Erstellung eines CAD-Modells für die Bestandteile eines Hubschraubers sein. Die Forschungsfrage dazu könnte lauten: „Welche Vorteile hat der Einsatz von Fly-by-wire-Technik im Hubschrauber im Vergleich zur mechanischen Steuerung?“
Einzigartigkeit und Aktualität des Themas
Ein weiterer Gesichtspunkt bei der Wahl der Fragestellung für die Dissertation ist dieser: Wurde die Forschungsfrage, über die man schreiben möchte, bereits von einem anderen Wissenschaftler bearbeitet (vgl. Kornmeier, 2008, S. 50)? Wenn es bereits hinreichend Material und Erkenntnisse zu einem Thema gibt, besteht eventuell kein Bedarf an weiterer Forschung. Dann ist das Thema erschöpfend bearbeitet worden, und man könnte nichts Neues mehr dazu herausfinden.
Es kann jedoch auch sein, dass ein Thema, zu dem es schon viel Forschung gegeben hat, noch ungelöste Fragen beinhaltet. In diesem Fall kann es sinnvoll sein, im Rahmen der Doktorarbeit nach Antworten für diese Fragen zu suchen. Des Weiteren kann ergänzendes Wissen zu bereits behandelten Themen gefunden oder eine bestehende Hypothese von einem anderen Wissenschaftler widerlegt werden.
Zuletzt stellt sich die Frage, ob das Wunschthema aktuell genug ist. Wenn ja, kann man genug Literatur recherchieren und finden, um das Thema optimal bearbeiten zu können (vgl. Kornmeier, 2008, S. 50)? Ist die Forschungsliteratur für das Thema aktuell genug und in den Bibliotheken und Datenbanken verfügbar? Oder muss man die nötige Literatur teuer anschaffen?
Tipps vom Doktorvater beachten
Wer nach diesen Überlegungen immer noch keine Ahnung hat, worüber er seine Abschlussarbeit schreiben könnte, kann seinen Dozenten fragen. Einige Professoren sind bereit, ihren Studenten Themen und Forschungsfragen vorzuschlagen, über die man schreiben kann. Auch gibt es die Möglichkeit, seine Dissertation in einem Unternehmen oder in einem Forschungsprojekt oder Forschungsverbund zu schreiben. Das bringt den Vorteil mit sich, dass das Thema meist direkt vorgegeben ist und man umfassende Hilfestellung für die Forschung geboten bekommt. Nicht zuletzt ist es eine gute Chance, erste Berufserfahrung zu sammeln und Kontakte zu knüpfen.
Kriterien für eine gute Forschungsfrage
Wie sollte eine Forschungsfrage beschaffen sein? Zwei Eigenschaften, die die Forschungsfrage unbedingt haben muss, sind laut Börzel und Liese, besonders wichtig.
Relevanz
Die erste Eigenschaft lautet „Relevanz für das Verständnis der ‚realen Welt‘“. Das bedeutet, man soll ein Thema aussuchen, dass sich auf das Leben der Menschen auswirkt, sei es politisch, sozial oder wirtschaftlich (vgl. dazu auch Hinweise der Freien Universität Berlin zum Forschungsdesign, vgl. dazu auch Schwarzer, 2001, S. 149). Das heißt, dass die eigene Forschung einen Beitrag für die Gesellschaft leisten soll, von dem andere Menschen profitieren können.
An der Eberhard-Karls-Universität Tübingen forscht man beispielsweise u. a. zum Thema Lehrergesundheit. Es wird untersucht, wie sich Lehrer-Schüler-Beziehungen auf die Gesundheit von Lehrern auswirken. Durch solch ein Forschungsprojekt gewinnt man Erkenntnisse darüber, wie Lehrer-Schüler-Beziehungen gestaltet sein sollten, damit Lehrkräfte im Berufsalltag möglichst wenig Stress haben (vgl. Projekt an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen).
Ein weiteres Beispiel: Die Universität Münster ist beteiligt am internationalen Forschungsprojekt SPRYNG (Spreading Young Non-discrimination). Dieses verfolgt das Ziel, Diskriminierung entgegenzuwirken und das Leben für alle Menschen lebenswerter zu machen (vgl. dazu das Projekt an der Westfälischen-Wilhelms-Universität Münster).
Spezifisch und präzise
Als zweites Kriterium wird genannt, dass die Forschungsfrage präzise und spezifisch genug formuliert sein muss, „um eine Beantwortung im Rahmen des Forschungsvorhabens zu ermöglichen“ (vgl. Freie Universität Berlin, vgl. dazu auch Schwarzer, 2001, S. 149). Mit anderen Worten: Das Thema darf nicht ungenau oder zu weit gefasst sein. Wenn eine Forschungsfrage nicht präzise genug formuliert ist, ist die Dissertation unstrukturiert und wird keine guten Ergebnisse liefern können. Ist das Arbeitsthema nicht klar eingegrenzt, so ist es unmöglich, es in der verfügbaren Zeit und dem Umfang der Dissertation zu bearbeiten.
Auf den Seiten der Universitäten sind häufig die Titel der Dissertationen, die dort bereits abgeschlossen wurden aufgelistet. In den Titeln kann man gut erkennen, wie man Themen fasst kann. Zudem beinhalten die Titel oft auch die Forschungsfrage der Dissertation. Auf den Seiten der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn sind mehrere Beispiele für gute Themen von Doktorarbeiten zu finden.
Zusammenfassend gesagt sollte man bei der Wahl der eigenen Forschungsfrage auf verschiedene Aspekte achten. Zum einen sollte das damit zusammenhängende Thema zumindest subjektiv interessant sein. Die Fragestellung sollte einen Bezug zum Wunschberuf oder zum Wunscharbeitgeber haben, einzigartig und aktuell sein, dabei helfen das Thema einzugrenzen und einen Nutzen für die Gesellschaft haben. Schließlich sollte man Tipps vom Doktorvater auf jeden Fall berücksichtigen und die Forschungsfrage mit ihm in mehrerer Gesprächen absprechen.
Literatur
Kornmeier, Martin (2008): Wissenschaftlich schreiben leicht gemacht: für Bachelor, Master und Dissertation, 7. aktualisierte und ergänzte Auflage, Bern.
Schwarzer, Gudrun (2001): Forschungsanträge verfassen: Ein praktischer Ratgeber für Sozialwissenschaftler-/innen, in: Zeitschrift für Internationale Beziehungen 8, S. 141–156.